Was macht dir im Moment im Hinblick auf deine Elternschaft am meisten Freude?
Erstens die Kinder selbst! Dann unsere Konstellation mit der Dreier-Elternschaft; das ist einfach immer noch toll. Drittens, dass wir immer noch Teil eines Umfeldes sind mit Freundeskreis (samt sehr naher anderer Familienkonstellation) und Anbindungen an Bezüge, die uns unabhängig vom Elternsein wichtig waren oder sind (Szene, Aktivismus, für mich auch die MCC-Gemeinde). Also, die aufgegangene Tür zum Elternsein war nicht damit verbunden, dass andere Türen zugehen mussten. Viertens die Begleitung und Unterstützung der Herkunftsfamilien, die von uns allen dreien mit eingebunden sind. Fünftens ein toller Arbeitgeber, wo Familienthemen (allgemeine und unsere speziellen) mitgedacht werden. Und nicht zuletzt die Diskurse zu den ganzen Umwälzungen in oder durch Familienthemen, die gerade gesamtgesellschaftlich dran sind oder dran wären. Manchmal macht sich das alles in einzelnen Momenten fest; zum Beispiel, wenn wir unter offizielle Dokumente einen dritten Strich ziehen, damit wir alle drei unterschreiben können. :) Aktuell freut mich aber auch ganz besonders, dass unsere Kinder immer noch ganz selbstverständlich von mir als »sie« reden, während all ihre Freunde denken müssen, dass mit mir ein »er« am Tisch sitzt. ;)
Was sind zurzeit für dich die größten Herausforderungen am Eltersein?
Buhäää, dass die Kinder größer werden und immer mehr ohne ihre Eltern machen wollen. :( :( :(
Welche Herausforderungen gab es im Familienalltag, die mittlerweile überwunden sind?
Ich glaube, das Vertrauen, das wir am Anfang ja eher hoffnungsvoll in unsere Konstellation gesetzt hatten, musste sich im Alltag erstmal bewähren und beweisen. Und das hat sich im Lauf der Jahre tatsächlich so eingespielt, dass es nun zu einem erlebten und belastbaren Vertrauen geworden ist. Das mussten wir uns früher schon manchmal mehr erarbeiten als jetzt. Die größte gefühlte Herausforderung war dabei gar nicht meine (vorhandene oder fehlende oder nicht eindeutige und nicht gleichbleibende) Geschlechtsidentität, sondern die Position des Vaters als eines dritten Elternteils, das nicht innerhalb einer Paarbeziehung positioniert ist. Aber auch eine Paarkonstellation, die dann auch Elternkonstellation wird, muss sich erst bewähren und einpendeln. Ich fand es immer äußerst hilfreich, dass Eltern- und Paarkonstellation bei uns nicht identisch sind: Immer, wenn sich zwei auf ihrer Ebene verhakeln, gibt es eine dritte Person, die gewisse Dynamiken unterbrechen kann. Vielleicht ist es sogar ähnlich hilfreich, nicht nur zwei bzw. nicht nur binäre Geschlechter mit an Bord zu haben: Der Zugriff unbewusster Rollenmodelle ist dadurch bestimmt auch erschwert. :)
Wie möchtest du von deinem Kind/deinen Kindern genannt werden? Wie nennen sie dich?
Meistens nennen sie mich einfach nur »Ines« und »sie«. So handhaben auch wir drei Eltern das untereinander. Ich finde das wundervoll – männlich aussehen tue ich genug, das soll nicht das letzte Wort haben. :) Für mich als Kind war »Ines« übrigens nie eine geschlechtlich konnotierte Anrede. Ich kannte keine andere Person, die so hieß. Für mich war das einfach mein Vorname, nicht ein Männer- oder Frauenname. Irgendwie knüpft es genau daran an, wenn unsere Kinder mich jetzt auch so nennen. Für mich passt es genau so wie damals. Vielleicht sind sie die ersten, die auch damit aufgewachsen sind, dass das nun mal MEIN Name ist und kein »Frauen-« oder »Männername«.
(Wie) Sprichst du mit deinem Kind/deinen Kindern darüber wie sie „entstanden“ sind bzw. wie sie zu dir/euch gekommen sind?
Naja, wir haben schon entsprechende Kinderbücher gehabt und so; aber an explizite Gespräche dazu kann ich mich nicht erinnern. Auch dazu sollte ich die andern beiden vielleicht mal fragen. ;) Ich habe keine Ahnung, ob/inwieweit unsere Kinder die Ansprachen von uns dreien als »Mama, Papa, Ines« schon oder jemals biologistisch aufgefasst oder interpretiert haben.
(Wie) Sprichst du mit deinem Kind/deinen Kindern über dein Trans*-/Nicht-binär-Sein?
Das war immer nur situativ ein Thema. Am schönsten war es beim Kinderschwimmen. Das ist ja eh schon ein schönes Durcheinander: Wessen Geschlecht zählt denn jetzt bei der Auswahl der Umkleidekabine – das des Kindes oder das des begleitenden Erwachsenen? Einmal standen wir beide auf dem Flur und ich rätselte, da meinte unser 6-jähriges Kind: »Ist doch egal, du kannst doch beide Kabinen nehmen!« Ich darauf etwas zögerlich: »Ja, aber das wissen die anderen doch nicht...« Kind ganz ohne zu zögern: »Na dann erklärst du es ihnen halt!«
Was war als Kind dein Lieblingsbuch?
Ich habe fast alles verschlungen, aber am meisten erinnere ich mich an »Die drei Räuber« und an »Das große Lalulalula«. »Die drei Räuber« habe ich am liebsten für mich alleine gelesen; es enthielt (und erzeugte) eine zauberhafte Mischung aus Furcht, Mut, Barmherzigkeit/Solidarität und Gerechtigkeitsanspruch (haha, diese Mischung hat mich auf meinen Lebenswegen auch oft begleitet, stelle ich gerade fest). »Das große Lalulalula« hat uns unsere Mutter oft vorgelesen. Ihre Stimme war so vertraut, nah, Geborgenheit gebend, und dazu dieser »Text«: so ganz unvertraut, verwirrend, offengehalten, frei, ...!
Was sind aktuelle oder dauerhafte Lieblingsbücher deiner Kinder?
Öhm, ähm, naja, also, wir haben ihnen viel angeboten! Ein Blick in ihre Schränke offenbart aber ihre Entscheidungen: »Die Schule der magischen Tiere« und »Mein Lotta-Leben«!