Wie war dein Weg dahin Elter zu werden?
Intensive Gespräche mit meinem Partner, vorübergehendes Absetzen des Testosterons, Warten, Probieren, Warten, Freuen, und dann nach einem Jahr noch einmal der gleiche Wahnsinn.
Hat deine aktive Auseinandersetzung mit deiner Geschlechtsidentität und/oder dein (erstes) Coming-out als trans*_nichtbinär schon vor deinem Elterwerden stattgefunden oder begonnen?
Ja, weit vorher. Mir wurde bei der Geburt das Geschlecht weiblich zugeordnet. Mein inneres Coming-out als trans hatte ich, als ich circa 20 Jahre alt war, und kurz darauf mein äußeres. Nach Beginn der Hormontherapie mit Testosteron und der Mastektomie habe ich über zehn Jahre stealth als Mann gelebt.
Hatte dein Coming-out als trans*_nichtbinär Einfluss auf deinen Kinderwunsch? Oder andersherum, hatte dein Elterwerden Einfluss auf dein Coming-out?
Ja, ich denke, dass dieser dadurch erst einmal lange Zeit in den Hintergrund gerutscht ist, da andere Dinge wesentlich waren und mir als trans Mann, der dazu seit zehn Jahren in schwulen Beziehungen lebt, Vorbilder für Familien fehlten.
Hast du dich bzw. habt ihr euch hinsichtlich der Besonderheiten von trans*/queerer Elternschaft beraten lassen? Welche Erfahrungen hast du in diesem Zusammenhang gemacht?
Nein, wir hatten keine konkreten Anlaufstellen dafür und haben lediglich einmal ganz unqueerspezifisch zum Thema Elterngeld und -zeit einen Termin bei einer Beratungsstelle gehabt. Dort haben wir einige Fragen bezüglich unserer speziellen Situation gestellt, die sehr positiv und offen behandelt wurden.
Wie waren deine Erfahrungen mit medizinischem Personal während der Schwangerschaft(en) und gegebenenfalls der Geburt(en)?
In der Klinik, in der wir entbunden haben, wurden wir im Vorfeld noch einmal zum Gespräch eingeladen und gefragt, wie man uns/mich am besten unterstützen kann, und es wurde uns versichert, dass wir uns jederzeit sofort melden können und sollen, wenn vom Personal (oder auch sonst) unschöne Reaktionen erfolgen. Allein zu wissen, dass wir dort so willkommen sind, war sehr hilfreich und hat uns ein sehr positives Gefühl gegeben. Auch die uns betreuende niedergelassene Gynäkologin war zu jedem Zeitpunkt hoch motiviert und sehr hilfreich. Sie hat sich proaktiv informiert und uns viel Ballast abgenommen.
Wie hast du/habt ihr entschieden, dass du versuchen möchtest schwanger zu werden?
Als wir einige Jahre zusammen und beide Anfang 30 waren, haben wir überlegt, welche Optionen wir als schwules Paar haben unseren gemeinsamen Kinderwunsch umzusetzen. Adoption und Pflegestelle erschienen uns beide als sehr schwierig und unwahrscheinlich. Schließlich habe ich eingeworfen, dass ich theoretisch noch die Organe habe, um ein Kind auszutragen, und wir haben gemeinsam entschieden, dies zu versuchen – erst einmal zu schauen, wie es mir mit dem Absetzen des Testosterons geht, und ob ein Zyklus/eine Fortpflanzungsfähigkeit zurückkommt, und mit der Option, diesen Versuch jederzeit wieder zu beenden, falls es mir damit nicht gut geht. Wir haben vorerst auch niemandem davon erzählt, dass wir das angehen – erst, nachdem es geklappt hatte.
Wie hast du die Schwangerschaft(en) erlebt?
Kurz zusammengefasst als sehr intensive und beeindruckende Erfahrungen, die sicher nicht zu den angenehmsten Zeiten meines Lebens zählten, und mir aufgezeigt haben, zu was für erstaunlichen Dingen (m)ein Körper in der Lage ist. Mit mir selbst war ich die allermeiste Zeit fein, solange keine »fremden« Menschen in meiner Nähe waren. Ich empfand die Schwangerschaften körperlich als sehr anstrengend und herausfordernd und hatte u.a. mit Übelkeit, Kreislaufproblemen und starken Dehnungsschmerzen zu kämpfen.