Was macht dir im Moment im Hinblick auf deine Elternschaft am meisten Freude?
Am meisten freue ich mich, wenn wir alle miteinander »im Flow« sind, d.h. wenn sich das Zusammensein und Tun leicht und stimmig anfühlt – ohne, dass ich viel dafür tun, mich anstrengen muss. Ich freue mich, wenn ich die Kinder als begeisterungsfähig, neugierig und unbeschwert erlebe, wenn wir zusammen Quatsch machen oder kuscheln oder ein verbindendes Gespräch führen.
Was sind zurzeit für dich die größten Herausforderungen am Eltersein?
Eine Woche hauptsächlich als Einzelperson für zwei Kinder im Kita- und Grundschulalter zu sorgen, ist jede Woche wieder eine enorme Herausforderung für mich. Allen Bedürfnissen (z.B. nach Aufmerksamkeit, Nahrung, Schlaf) und Anforderungen (z.B. Lohnarbeit, Einkauf, ärztliche Termine) – auch nur den nötigsten – gerecht zu werden, ist sehr schwierig und anstrengend. Dabei selbst auf mich zu achten, meine Kapazitätsgrenzen nicht ständig zu überschreiten, daran arbeite ich beständig. Wo liegen meine Prioritäten, grundsätzlich und situativ: auf meinem Job, meinen Kindern, mir selbst, meinen anderen sozialen Beziehungen, dem Haushalt, …? Oft fällt es mir schwer, hier eine gute Entscheidung zu treffen oder Balance zu finden. Denn eigentlich sind es – auch in der Intensität der einzelnen Bereiche – zu viele Anforderungen an eine Person. Mit den – oft starken – Gefühlen und dem Eigensinn der Kinder umzugehen, dabei Verständnis zu haben, emphatisch zu sein, möglichst gewaltfrei zu kommunizieren und zu handeln, eine Haltung zu zeigen, Wissen zu vermitteln, Halt und Orientierung zu geben, fordert mich jeden Tag heraus. Ich muss mich selbst, meine Gefühle, Erwartungen, Wünsche und Werte reflektieren, Flexibilität, Spontanität und Kompromissbereitschaft zeigen, um dies leisten zu können. Oft fällt es mir schwer, nicht zu hadern und an mir zu zweifeln, weil ich mich stark anstrenge, »ein gutes Elternteil" zu sein und dann doch oft das Gefühl habe, an meinen Ansprüchen und Vorstellungen zu scheitern. Gerade mache ich mir um ein Kind besondere Sorgen. Sich teilweise hilflos zu fühlen, ist ein sehr unangenehmes Gefühl – vor allem, weil ich mir aus meiner eigenen Erfahrung als Kind heraus sehr wünsche, dass meine Kinder nicht so schlimme Zustände erleben müssen, wo sie von Erwachsenen in ihrer Not im Stich gelassen werden. Daher versuche ich nun, für dieses Kind da zu sein und ihm hoffentlich die Unterstützung geben zu können, die es braucht.
Welche Herausforderungen gab es im Familienalltag, die mittlerweile überwunden sind?
Der Beginn meiner Transition, die darauf folgende Trennung und herausfordernde Zeit, in der wir als Paar getrennt noch mit den Kindern über mehrere Monate zusammen gelebt haben – während der beginnenden Corona-Pandemie – liegen nun bereits ein paar Jahre zurück. Diese Zeit war für mich von extremen Gefühlen geprägt – Euphorie, Angst, Wut, Enttäuschung, Trauer. Wie reagieren mein Ex-Partner, meine Kinder, meine Familie, das soziale Umfeld inklusive Kita und Schule? Werden diese mir nahestehenden Menschen meinen Namen und meine Pronomen akzeptieren und anwenden? Wie wirkt sich die medizinische Transition auf die Beziehungen aus? Wie organisieren wir unser Familienleben neu (z.B. Wohnung, Familienfeiern, Finanzen)? Werden die Kinder (langfristig) mit dem Wechselmodell zurechtkommen?
Wie möchtest du von deinem Kind/deinen Kindern genannt werden? Wie nennen sie dich?
Meine Kinder nennen mich beim Vornamen und nutzen in der Regel »er/ihm«-Pronomen für mich. Der Weg weg von »Mama« hat einige Zeit, viele Monate, gedauert – es war vor allem wichtig, dass andere Bezugspersonen der Kinder meinen Namen in ihrer Gegenwart zuverlässig verwenden; dadurch haben die Kinder dies durch Gewöhnung übernommen. Manchmal werde ich vom jüngeren Kind auch »Papa« genannt, ab und zu auch »Mama«, weil es jetzt erst in das Alter gekommen ist, wo es überhaupt erst versteht, was diese Begriffe und Konzepte für andere bedeuten. Während der Transition hatte dieses Kind aufgrund seiner altersgemäßen Entwicklung noch gar kein Verständnis dafür. Meist kann ich dies ohne großen emotionalen Widerstand als »Experiment« und Lernprozess des Kindes annehmen – manchmal macht es mich auch wütend und ich korrigiere das Kind und erkläre meine Identität und dass dieser Begriff nicht passend für mich ist.
(Wie) Sprichst du mit deinem Kind/deinen Kindern darüber wie sie „entstanden“ sind bzw. wie sie zu dir/euch gekommen sind?
Meine Kinder wissen (zumindest meistens), dass ich sie geboren habe. Tatsächlich ist dies gar nicht oft Thema bei uns – von den Kindern aus, da sie sich (bisher) nicht stark dafür interessieren. Mit dem älteren Kind habe ich öfter darüber gesprochen, dass auch Männer oder nicht-binäre Personen – also nicht nur Frauen – Kinder gebären und stillen können. Das jüngere Kind war auch dafür »noch zu klein« bzw. hatte kein Bewusstsein, diese Fragen überhaupt zu stellen. Bisher hat es, glaube ich, noch gar kein gefestigtes Bild / Verständnis von Geschlecht und körperlich-reproduktiven Funktionen.
(Wie) Sprichst du mit deinem Kind/deinen Kindern über dein Trans*-/Nicht-binär-Sein?
In unserem Alltag kommt es immer wieder situativ vor, dass ich nicht-binäre und trans* Personen erwähne – einfach, weil ich so eine Person bin und mit einer in einer Beziehung lebe. Dem älteren Kind habe ich über die letzten Jahre immer mal wieder – an passender Stelle, wo es sich im Kontext ergeben hat – »einen Vortrag dazu gehalten«. Dabei habe ich festgestellt, dass das in dieser extensiven Form das Kind wenig interessiert und es diese eher abstrakten Informationen nicht so gut aufnehmen kann oder will. Ich denke, dass sich in den nächsten Jahren, wenn weitere kognitive Entwicklungsschritte stattfinden, spätestens mit Beginn der Pubertät, noch viele Gesprächsmöglichkeiten ergeben. Beim Wann und Wie orientiere ich mich am Interesse der Kinder.
Weißt du von Angeboten für Regenbogenfamilien und gegebenenfalls für trans*_nicht-binäre Eltern und ihre Familien in deiner Region? Wenn ja, nimmst du sie in Anspruch?
Wir gehen regelmäßig zu einem Treffen für Regenbogenfamilien in unserer Stadt. Erst war ich sehr aufgeregt, nun finde ich es alle paar Monate eine nette Anlaufstelle, um andere queere Familien zu treffen. Wir waren auch schon auf einer Freizeit für Regenbogenfamilien über ein langes Wochenende dabei, die von einem Verein in der Region angeboten wird. Das war eine ganz tolle Möglichkeit für Austausch und Reflexion, die mir sehr gut getan hat. Da unser lokales Umfeld komplett cis-heteronormativ ist, ist es mir wichtig, dass meine Kinder Kontakt zu anderen Regenbogenfamilien bekommen, um zumindest in kleinen Ausschnitten erleben zu können, dass auch ihre Familie »normal« ist.
Was war als Kind dein Lieblingsbuch?
Wuschel heißt der kleine Hund, munter ist er und gesund.
Was sind aktuelle oder dauerhafte Lieblingsbücher deiner Kinder?
Die Kinder von Bullerbü; Korny in der Kita; Kalle und Elsa lieben die Nacht; When Aidan became a brother; Luzie Libero und der süße Onkel; Das große Kackaturnier; Harry Potter und der Stein der Weisen; Schule der magischen Tiere; alles zu Weltraum, Dinosauriern, Feuerwehr und Polizei